5. Das Umfeld


Stell dir vor, du bist mit Menschen, die du unfassbar lieb hast, die du seit Jahren oder Jahrzehnten kennst, die deinen kompletten Lebensinhalt in Sachen Freundschaft bestimmen, zusammen und doch kannst du nicht offen Sprechen. Du führst Frauengespräche über Schwangere, Kinder und Familiengründung und plötzlich kommt einfach nur ein unverschämter Satz aus dir raus. Du kannst es nicht kontrollieren, aber du willst, dass das Thema endet. Du willst nicht darüber reden, aber auch den wahren Grund nicht aussprechen.

(Kleine Wiederholung aus 4. Nebenwirkungen)

Ich musste mir die Frage stellen, was "leichter" oder "besser" für MICH ist, um nicht in ein tiefes tiefes Loch zu fallen, aus den ich dann nichtmehr rauskomme. Ist es einfacher für mich damit umzugehen, dass die Menschen mich für ein egoistisches A*schloch halten, das sich (zumindest durch die Augen der anderen betrachtet) nicht für die Schwangerschaft ihrer Bekannten und Freundinnen interessiert, weil sie nicht jeden Tag nachfragt, wie es geht, was das Baby macht und alle Fragen die man eben als Frau normalerweise stellt, oder ob es einfacher ist all diese Fragen zu stellen, sich pausenlos von der Schwangerschaft erzählen zu lassen und dann mit diesem kompletten Gespräch im Ohr zuhause zu sitzen und zu heulen und der Tatsache, dass die Menschen dann aufhören über Schwangerschaften zu sprechen, sobald du den Raum betrittst, um dich nicht zu verletzen. Ich entschied mich für ersteres, denn einem A*schloch erzählt man nichts, wenn es nicht fragt und die Menschen müssen sich nicht die Frage stellen, wie sie mit einem umgehen. Auch wenn es viele nicht verstehen, für mich war das die einfachere Lösung. Jeder muss sich im Klaren sein, dass die Entscheidung des Umgangs mit dem Thema in seinem Umfeld weitreichende Konsequenzen hat/haben kann. (Wiederholung Ende)

 

Ich kann nur sagen, dass ich aus all dem gelernt habe, niemals in meinem Leben mehr einen Menschen zu fragen "Und ihr? Wann ist es bei euch soweit? Wollt ihr keine Kinder?", denn ich weiß nun, wie unfassbar verletzend das sein kann und dass hinter jedem Pärchen ein Grund steht, weshalb es eben keine Kinder hat und ein Grund, weshalb es diesen vielleicht nicht aussprechen möchte.

Niemand MUSS es aussprechen und niemand MUSS es verschweigen. Das Wichtigste als Frau in dieser Situation ist:
Denke daran, was du für DICH am besten ist. Du machst eine schlimme Zeit durch, die viele Menschen nicht nachvollziehen können. Durch diese Zeit kann dir im Endeffekt niemand durchhelfen. Du hast es dir nicht ausgesucht betroffen zu sein, aber du kannst es dir aussuchen, wie du dich selbst dabei fühlst. Sprechen oder Schweigen, es ist DEINE Wahl!

 

Ich bin unglaublich und von tiefstem Herzen froh für die Menschen in meinem Umfeld, die gemerkt haben, dass mit mir etwas nicht stimmt, die aber ohne etwas zu sagen akzeptiert haben, dass ich nicht darüber sprechen will und mir so die Zeit gelassen haben, entweder irgendwann den Mut zu fassen, alles zu erklären oder denen eine Erklärung egal ist, weil sie wissen, dass es für all mein Verhalten einen Grund gibt. Danke, dass ihr euch vielleicht selbst gefragt habt, was los ist, aber mich mit dieser Frage nicht bedrängt habt oder ein "alles okay" akzeptiert habt, auch wenn ihr wusstet, dass es gelogen ist! Dafür liebe ich euch sehr!

 

Und diejenigen, die bereits ein Kind haben, die wissen, wie es sich anfühlt, sein Kind bedingungslos zu lieben. Stellt euch bitte mal vor, EUER Kind wäre betroffen und müsste all das mitmachen. Ich möchte mir niemals vorstellen, wie es meiner Mutter ging, als sie von all dem erfahren hat! Wie es ihr ging, wenn ihr Freundeskreis fragte "Und wann wirst du Oma?" oder dann, wenn sie darauf eine Antwort finden musste.

 

Aber, was ist nun?